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Nape – Energiewende

Energiewende & CO2 Reduktion:

 Mit immer mehr Aufwand am Ziel vorbei

Informationen und Eindrücke eines Vortrages beim der Veranstaltung „Energie 2015“ der Sächsischen Energieagentur (SAENA) vom 30.11.2015. Der Vortrag behandelte die von der Bundesregierung beschlossene „Energiewende Gebäude“ und dem nationalen Aktionsprogramm NAPE vor dem Hintergrund des Deutschen Bau(Un)wesens.

 

Präambel:

Die Energieressourcen des Planeten sind endlich. Die Verbrennung fossiler Energieträger sorgt für die Erwärmung des Planeten. Nuklearenergie ist in Deutschland angesichts der ungelösten Abfallprobleme und Nuklearkatastrophen wie Fukushima politisch nicht tragbar.

Die Politik reagiert spät und in Eile. Die Bundesregierung hat 2011 die Energiewende ausgerufen. Etwas längst Überfälliges wird publikumswirksam in Angriff genommen. Der Öffentlichkeit wird mit anspruchsvollen Programmen mit klingenden Namen Tatkraft und Zuversicht demonstriert. Der Geist von „Das Schaffen wir!“ liegt in der Luft. Ein guter Geist kann Wunder wirken.

 

Hintergrund zum Veranstalter SAENA:

Zeitgleich zum Start des Pariser Klimagipfels veranstaltete die landeseigene Sächsische Energieagentur SAENA ein ganztägiges Fachsymposium Energie 2015 – „Umsetzung der europäischen Klimaschutzziele im Gebäudesektor“ .  Die SAENA ist als Beratungsstelle täglich mit Fragen der Umsetzung der staatlichen Energieeffizienzprogramme befasst. Sie kennt die praktischen Schwierigkeiten, die einer erfolgreichen Umsetzung der verordneten Vorgaben im Weg stehen. Erfolg ist dabei im Sinne von wirtschaftlicher Tragfähigkeit und tatsächlich CO2-mindernder Wirkung von Investitionen zu verstehen.

 

Person an Podiun

Rüdiger Forchmann, Leiter Fachgebiet Energie Hochbauamt Leipzig bei seinem ehrlichen und fachlich brillanten Vortrag: „Passivhaus lohnt sich wenn man …, wenn man …, wenn man …„ Energieeffizienz ist in der Praxis des Bauens in Deutschland alles andere als einfach und sicher; es ist anspruchsvoll und risikoreich.

Bei baulichen Maßnahmen bewegen sich alle Beteiligten im ordnungspolitischen Rahmen des deutschen Bauwesens. Dieser Rahmen hat maßgeblichen Einfluß auf den Erfolg von baulichen Maßnahmen. Wer das Bauwesen versteht und berücksichtigt, hat bessere Erfolgsaussichten. Die staatlich getriebenen Kostensteigerungen beim Bauen sind für alle unvermeidlich. Wenn diese Zusatzkosten die Energiewende sichern und das Klima retten, ist es ein gutes volkwirtschaftliches Investment. Ob der aktuelle staatliche Weg im Kontext des deutschen Bauwesens den Erfolg bei den Klimazielen bringen wird, war die Schlüsselfrage meines 30-minütigen Vortrags am 30.11.2015 um 14.00 Uhr im großen Saal des Deutschen Hygienemuseums in Dresden. Die SAENA hat mich für einen entsprechenden Impulsvortrag mit dem Titel BauUnwesen engagiert.

 

Im Vorfeld hatte ich mir die aktuell verfügbaren Zahlen zum Thema Energieverbrauch angeschaut und deren Quellen geprüft. Diese Informationen habe ich mit meinen beruflichen Erfahrungen im Energiesektor und meine Rechercheerfahrungen als Buchautor ergänzt. Zeitlich passend hatten auch kurz vor dem Start des Pariser Klimagipfels drei Ministerien neue bau-/gebäuderelevante Dokumente publiziert. Diese geben ein aktuelles Bild des staatlichen Wirkens.

Beschreibung des aktuellen Standes der Energiewende:

In vielen hunderten Seiten und einer unübersichtlichen Zahl von Programmen, Strategien und Plänen, finden sich zahlreiche Statistiken und Grafiken, die Erfolge der Regierungspolitik nachweisen sollen. Viele davon werden von Quellen geliefert, die sehr fragwürdig sind. Eine Hauptquelle ist die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanz. Deren Vorstand besteht aus den Spitzen der Kohle-, Öl- und Gaslobby. Eine zweite Hauptquelle ist das Marktforschungs-/Beratungsunternehmen Prognos. Das erzeugt Daten im Auftrag und in der Methodik des Bundeswirtschaftsministeriums.

Die Ministeriumsberichte in denen diese Daten verwendet werden, zeichnen sich dadurch aus, dass sie kein Logo, kein Datum und keine verantwortlichen Autoren zeigen (Beispiel Gebäude Energieeffizienz Strategie).

Damit sind große Teile der Regierungsdokumentation getrost als PR-Unterlagen zu werten. Für eine objektive Bewertung des aktuellen Standes der Energiewende und der C02-Reduktion gibt es ausreichend Zahlen vom statistischen Bundesamt und daraus abgeleitet auch Grafiken vom Umweltbundesamt. Diese zeigen ein sehr ernüchterndes Bild. Die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung sind ungeeignet bzw. wirkungslos darin, das C02-Reduktionsziel Deutschlands zu erreichen. Die bisher als erfolgreich scheinenden Jahre sind auf warme Winter zurückzuführen. Der CO2-Ausstoß 2015 liegt auf der Höhe von 2009. Während sich in letzten sechs Jahren kein Trend zu einem Rückgang erkennen lässt, soll in den nächsten Jahren der CO2 Ausstoß um 18% sinken. Realistisch betrachtet kann dieses Ziel nur mit noch wärmeren Wintern und gleichzeitiger Wirtschaftskrise in Deutschland erreicht werden.

 

entwicklung_der_treibhausgasemissionen_in_deutschland_nach_sektoren_1990bis2012_pi-2014-03_anlage

Das Bundesumweltamt hat die Schlüsselgrafik erstellt. Die C02-Ziele sind mit „Weiter so“ nicht erreichbar.

Die staatlich verordneten Maßnahmen werden von der Bundesregierung trotzdem als Erfolg gesehen. Dies macht nachfolgendes Zitat aus dem Nationalen Aktionsplan Energie Effizienz (NAPE) vom Dezember 2014 deutlich.

„Effizienzinstrumente wie öffentliche Förderungen und ordnungsrechtliche Maßnahmen haben die Effizienzinvestitionen erfolgreich vorangetrieben. Nach einer aktuellen

Studie (GWS, Prognos, EWI, 2014) wurden aufgrund der seit 2010 eingeführten staatlichen Effizienzmaßnahmen zusätzliche Nettoinvestitionen von rund vier Milliarden Euro im

Jahr 2012 und rund fünf Milliarden Euro im Jahr 2013 getätigt (…)“

 

Screenshots - Bundniss und Bauministerium

Die gestiegenen technischen Anforderungen machen Gebäude teurer und weniger haltbar. Aus dem Abschlussbericht des Bündnis für bezahlbares Wohnen 27.11.2015 von der Ministeriumswebsite.

Als Abrundung der Beschreibung der Wirkung staatlicher CO2-Reduktionsmaßnahmen für Gebäude ist eine Studie des Bauherrenschutzbundes über Versicherungsfälle bei Bauschäden zu empfehlen. Die Anzahl der Versicherungsfälle wegen mangelnder Bauqualität steigt exponentiell. Die Kosten pro Fall steigen linear, bei Ein- und Zweifamilienhäusern im Schnitt auf 60.000 Euro pro Fall. Solche Kostenlasten bringen viele bauende Bürger in existentielle Nöte. Dieses Problem betrifft nur aktuelle Bauherren und diese sind von ihrer Anzahl her für Wahlen nicht relevant.

Resümee: Klimaziele Deutschland und Energiewende

Die bislang verfolgte Methodik des Erreichens der Klimaziele und der Realisierung der Energiewende machen das Leben und Bauen in Deutschland vor allem teurer. Substantiell CO2-reduzierend wirken sie nicht.

Deutschland ist dabei, sich beim Klimaschutz bis auf die Knochen zu blamieren. Dies liegt nicht am Geld oder an mangelnden technischen Fähigkeiten. Es liegt an der Unfähigkeit des Staates, vitale gesellschaftliche Ziele um zu setzen.

Die Zukunftsperspektive: Verschärfter Aktionismus auf dem Holzweg

Schon Ende 2014 zeichnete sich die Erfolgslosigkeit der bisherigen Maßnahmen ab.

Deshalb wurde im Dezember 2014 vom Bundestag der „Nationale Energieplan Energie-Effizienz“ verabschiedet. Es wurde deutlich, dass für Gebäude mehr getan werden muss. Dafür wird 40% der Endenergie verbraucht.

Die am 18.11.2015 von der Regierung beschlossene „Energiewende Gebäude“ ist eine Folgemaßnahme des Nationalen Energieplans des Vorjahres. Die Basis dieser Energiewende ist die neue „Gebäude Energieeffizienzstrategie“.

An der Methodik wird nichts geändert, nur der Druck und der finanzielle Aufwand werden weiter erhöht.

Es werden weiterhin keine verlässlichen und konkreten Daten über tatsächliche Energieverwendung in Gebäuden erhoben. Es herrscht weiter völlige Intransparenz über die reale Wirkung von Investitionen bei baulichen Maßnahmen. Es wird weiter ins Blaue gebaut. Die einzige Messlatte ist der hypothetische Gebäudeenergiebedarf. Bei Autos hat der ADAC den Faktor 6 zwischen Normangaben der Hersteller und dem Volllastbetrieb ermittelt.

Bei Gebäuden will diese Fakten niemand wirklich wissen. Im Jahr 2020 könnte Deutschland reif sein für einen neuen nationalen Abgasskandal. Und alle haben es gewusst.

 

Nur mit völliger Transparenz bei Aufwand und Wirkung können wir die Klimaziele erreichen. Wir brauchen eine Investitionseffizienz-Wende. Nicht der Aufwand soll maximiert werden, sondern die reale Wirkung pro Euro. Aber wirkliche Transparenz ist nicht auf der politischen Agenda. Mit Transparenz lassen sich die Bauwirtschaft als Ganzes und einzelne Bauprojekte im Konkreten nicht mehr politisch missbrauchen. Daran sind wir aber besonders in Deutschland gewöhnt – die Gewohnheit hat uns das Deutsche BauUnwesen beschert. Es optimiert die Vorteile einzelner Bauakteure auf Kosten des Gemeinwohls. Solange das nicht angegangen wird, haben wir auch keine realistische Aussicht darauf, eine Energiewende für Gebäude zu realisieren. Bis dahin wird Leben und Bauen sinnlos teurer. Wir verbrennen aus Bequemlichkeit den Wohlstand und vergeben die Zukunft.

 

Hintergrundinformationen und Links:

Fortschrittsbericht zur Energiewende des Deutschen Wirtschaftsministeriums Dezember 2014 – 182 Seiten 4

 

Der 4. Monitoringbericht zur Energiewende des Deutschen Wirtschaftministeriums BMWI November 2015 – 107 Seiten

 

(NAPE) Nationaler Aktionsplan Energieeffizienz Beschluss Bundesregierung 3.12.2015

Energie Wende Gebäude : Beschluss Bundesregierung 18.11.2015

Energieeffizienzstrategie Gebäude November 2015 auf Website des Ministeriums www.BMWI.de   95 Seiten ohne Logo/Autor/Datum

(http://www.bmwi.de/DE/Themen/Energie/Energiewende-im-Gebaeudebereich/energieeffizienz-strategie-gebaeude.html)

Basisinformation zur Energiewende: 

Im September 2010 beschloß der Bundestag die durchschnittliche Verlängerung der Laufzeiten bestehender Atomkraftwerke um durchschnittlich 12 Jahre.

Energiekonzept der Bundesregierung, Beschluss 28.9.2010: „Der notwendige Umbau der Stromversorgung hin zum erneuerbaren Zeitalter mit der Perspektive 2050 wird diesen traditionellen Energiemix deutlich verändern. Fossile Energieträger und Kernenergie werden eine andere Rolle übernehmen müssen. Im Hinblick auf den Ausbau der erneuerbaren Energien brauchen wir einen deutlich flexibleren Kraftwerkspark.

Dynamischer Energiemix

Ein solcher Prozess benötigt nicht nur Zeit, sondern muss auch wirtschaftlich vernünftig

ausgestaltet werden. Um diesen Übergang zu gestalten, brauchen wir noch zeitlich befristet die Kernenergie und werden deshalb die Laufzeiten um durchschnittlich 12 Jahre verlängern.“

 

Im Juni 2011 beschließt der Bundestag den kompletten Ausstieg aus der Atomkraft bis 2022. Im März hatte ein Tsunami das Atomkraftwerk Fukushima zerstört.